Dr. Kathrin Monen, LL.M.*

Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus führt neben erheblichen Auswirkungen für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem zu schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft. Produktionen müssen reduziert oder ausgesetzt werden. Die Aufrechterhaltung von internationalen Lieferketten und einer grenzüberschreitenden Logistik wird durch Grenzkontrollen und Grenzschließungen erschwert. Einreiseverbote, Versammlungseinschränkungen und verschärfte Ausgangsperren beeinträchtigen nicht nur den privaten Lebensbereich, sondern auch die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen in der Tourismus-, Veranstaltungs- und Gastronomiebranche sowie den Einzelhandel. Auch wir als Mitglieder der deutsch-spanischen Juristenvereinigung sind durch die Absage des Minikongresses in Bilbao unmittelbar durch das Coronavirus betroffen. Durch die gravierenden Einschränkungen stehen auch die Parteien von Unternehmenstransaktionen vor neuen Herausforderungen: Wie wirken sich die derzeitigen Unwägbarkeiten der CoronavirusPandemie auf Unternehmenstransaktionen aus? Und wie können die damit verbundenen Risiken interessengerecht in Unternehmenskaufverträgen abgebildet werden?

1. Einfluss des Coronavirus auf Unternehmenstransaktionen Mit Blick auf Transaktionen dominiert die Frage, wie die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise und eine daraus resultierende negative Entwicklung eines Zielunternehmens den Erfolg einer Transaktion gefährden können. Ziel eines jeden Lösungsansatzes sollte es sein, die unterschiedlichen Interessen von Erwerber und Veräußerer zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen. Während Erwerber von einer beabsichtigten Transaktion absehen werden, wenn sich der finanzielle Zustand des Zielunternehmens gravierend und auf unabsehbare Zeit verschlechtert, werden Veräußerer ungeachtet von wirtschaftlichen Einschränkungen an der Transaktion festhalten wollen. Zeichnet sich eine negative Entwicklung bereits vor Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages ab, kann der Erwerber  die Verhandlungen abbrechen und so von der beabsichtigten Transaktion Abstand nehmen. Um allerdings auch nach Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages noch eine Rücktrittsmöglichkeit zu haben, wenn beim Zielunternehmen vor dem Vollzug der Transaktion eine nachteilige Veränderung eintritt, muss im Unternehmenskaufvertrag eine sogenannte MACKlausel (material adverse change) vereinbart worden sein. Einer solchen MAC-Klausel wird ein Veräußerer allerdings nur unter strengen Voraussetzungen und bei Vereinbarung einer Pönale zustimmen. Diese divergierenden Interessen von Erwerber und Veräußerer gilt es in Zeiten der Coronavirus-Krise in Unternehmenskaufverträgen abzubilden. 

2. Bisherige MAC-Klauseln MAC-Klauseln bieten Erwerbern in der Interimsphase zwischen Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages und dem Vollzug der Transaktion einen zusätzlichen Schutz, indem sie Erwerbern eine Rücktrittsmöglichkeit einräumen, sofern in der Interimsphase eine wesentliche nachteilige Änderung beim zu erwerbenden Zielunternehmen eintritt. Erfasst werden können negative Veränderungen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens auftreten. Eine MAC-Klausel weist grundsätzlich zwei Bestandteile aus. Zum einen sind die sogenannten MAC-Ereignisse zu vereinbaren, die ein Rücktrittsrecht des Erwerbers auslösen können. Dies sind in der Regel militärische Konflikte, Naturkatastrophen oder sonstige Ereignisse, die eine Branche oder Industrie schwerwiegend treffen können. Zum anderen ist eine Wesentlichkeitsschwelle festzulegen, die im konkreten Fall überschritten sein muss, um eine wesentliche nachteilige Änderung beim Zielunternehmen feststellen zu können. In der Vergangenheit wurden MAC-Klauseln bei deutschen Transaktionen jedoch nur selten vereinbart. So weisen lediglich ca. 10% bis 15% der deutschen Unternehmenskaufverträge eine solche Klausel aus, während in den USA in ca. 90% bis 95% der Unternehmenskaufverträge eine MAC-Klausel aufgenommen wird. Die anhaltende Verbreitung des Coronavirus wird wohl auch hierzulande zu einer steigenden Vereinbarung von MAC-Klauseln führen. 

3. MAC-Klausel und Coronavirus In den seltenen Fällen, in denen in Deutschland eine MAC-Klausel vertraglich vereinbart wurde und die Transaktion noch nicht vollzogen ist, sollte vor allem der zukünftige Erwerber überprüfen, inwiefern die Verbreitung des Coronavirus und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für das zu erwerbende Zielunternehmen den Anwendungsbereich der MAC-Klausel eröffnen und dem Erwerber ein Rücktrittsrecht einräumen. Sollte ein Unternehmenskauf dagegen erst anstehen oder sollten zurzeit Vertragsverhandlungen stattfinden, ist es käuferseitig dringend anzuraten, sich gegen die Risiken der Coronavirus-Krise durch eine MAC-Klausel abzusichern. Dabei ist es aus Käufersicht wichtig, das MAC-Ereignis und die Wesentlichkeitsschwelle so zu formulieren, dass die bestehenden und zukünftigen Risiken der Coronavirus-Pandemie möglichst umfassend erfasst werden. (a) MAC-Ereignis Im Hinblick auf die Formulierung des MACEreignisses ist jedem Erwerber zu raten, den Anwendungsbereich ereignisbezogen auf den Ausbruch und die Verbreitung einer Krankheit zu spezifizieren. Das Coronavirus und die wirtschaftlichen Folgen sollten explizit als eigener Fall in die MAC-Klausel aufgenommen werden. Denn der Begriff der Naturkatastrophe umfasst keine Pandemien. Diese sind zwar eines natürlichen Ursprungs, aber keine Naturereignisse. Ebenso ist der Auffangtatbestand der sonstigen Ereignisse, die eine Branche oder Industrie schwerwiegend treffen können, sehr allgemein formuliert. Durch den Auslegungsspielraum besteht die Gefahr, dass im Einzelfall ein Rücktrittsrecht des Erwerbers ausgeschlossen ist, da unklar bleibt, anhand welcher objektiven Kriterien die Schwere der Betroffenheit einer Branche oder Industrie zu bestimmen ist. Veräußerer sollten dagegen versuchen, den Anwendungsbereich von MAC-Klauseln so eng wie möglich zu gestalten und auf unternehmensbezogene Vorgänge zu begrenzen, um vor allem nichtkontrollierbare Ereignisse außerhalb des Zielunternehmens auszuschließen. (b) Wesentlichkeitsschwelle zur Schadensbestimmung Bei der Festlegung der Wesentlichkeitsschwelle für den Schadenseintritt sind zwei Kriterien zu beachten.

Zum einen kommt es entscheidend auf den sachlichen Wirkungskreis des Schadensereignisses an. Erwerber sollten die Wesentlichkeitsschwelle für den Schadenseintritt auf die relevante Branche oder Industrie beziehen und nicht auf das Zielunternehmen beschränken. Dies räumt dem Erwerber bereits ein Rücktrittsrecht ein, wenn Gewinn oder Umsatzzahlen in der relevanten Branche oder Industrie insgesamt rückläufig sind. Ob sich die Coronavirus-Pandemie tatsächlich auf das Zielunternehmen auswirkt oder dieses erst später erfassen wird, ist sodann unbeachtlich. Veräußerer sollten dagegen sicherstellen, dass die Wesentlichkeit des eingetretenen Schadens allein anhand der konkreten Zahlen des Zielunternehmens bestimmt wird. Nur so kann ausgeschlossen werden, dass allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen keine nachteiligen Auswirkungen auf die beabsichtigte Unternehmenstransaktion haben. Zum anderen ist der zeitliche Wirkungskreis des Schadenseintritts von Bedeutung. Erwerber sollten versuchen, auch absehbare zukünftige – das heißt erst nach dem Vollzug der Transaktion eintretende – Schäden in die Bestimmung der Wesentlichkeit einzubeziehen. So kann eine käuferfreundliche Formulierung beispielsweise auch auf das Erfordernis einer nachteiligen Anpassung oder Veränderung des Business Plan des Zielunternehmens abstellen. Veräußerer sollten dagegen darauf achten, die Zukunftsbezogenheit von Schäden auszuschließen, um sicherzustellen, dass ein Rücktritt nicht auch aufgrund von Prognosen, sondern allein aufgrund von vor dem Vollzug der Transaktion tatsächlich und nachweisbar eingetretenen Schäden ermöglicht wird. (c) Pönale zugunsten des Verkäufers Da eine MAC-Klausel für den Veräußerer in den ungewissen Zeiten der Coronavirus-Krise ein substantielles Risiko darstellt, dass eine Transaktion  nach Abschluss des Unternehmenskaufvertrages doch noch aufgrund eines Rücktritts des Erwerbers scheitert, sollte eine MAC-Klausel aus Verkäufersicht immer mit einer Pönale zulasten des Erwerbers für den Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts verknüpft und abgesichert werden. Die Höhe der Vertragsstrafe sollte dabei so einschneidend sein und so gewählt werden, dass sie den Erwerber von einer vorschnellen Ausübung des Rücktrittsrechts abhält und jedenfalls die dem Veräußerer im Zusammenhang mit der Transaktion entstandenen Auslagen vollständig abdeckt.

(d) Neuverhandlung von Konditionen Eine ausgewogene MAC-Klausel kann in Einzelfällen aber auch ein Scheitern der Transaktion verhindern. Sofern ein Zielunternehmen für einen Erwerber einen strategischen Wert hat, wird er auch in Zeiten der Coronavirus-Krise perspektivisch an der beabsichtigten Transaktion festhalten wollen und auf den Veräußerer zur Neuverhandlung des Kaufpreiseses zugehen. So kann die Transaktion, abhängig von den neuen Vertragskonditionen, gegebenenfalls doch noch zu einem für beide Vertragsparteien erfolgreichen Abschluss geführt werden. 4. Empfehlung Die Unwägbarkeiten der Coronavirus-Pandemie stellen Transaktionsparteien vor neue Herausforderungen. Weit formulierte MAC-Klauseln können Erwerber auch nach Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages noch vor gravierenden wirtschaftlichen Veränderungen beim Zielunternehmen schützen. Veräußerer werden dagegen durch MAC-Klausel mit dem Risiko des Scheiterns der Transaktion konfrontiert und sollten diese Regelungen meiden oder sich jedenfalls durch Vereinbarung von Pönalen gegen einen vorschnellen Rücktritt des Erwerbers absichern. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt es für Erwerber und Veräußerer damit insbesondere auf die Verhandlung und Ausformulierung von MACKlauseln in anstehenden Unternehmenstransaktionen an.

Rechtsanwältin Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht Taylor Wessing, Düsseldorf K.Monen@taylorwessing.com